Verhinderungsplanung statt Klimaschutzkonzept
Seit der Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima im März 2011 plant der Regionalverband Saarbrücken Vorrangflächen oder Konzentrationszonen für die Windenergienutzung. Während die meisten saarländischen Gemeinden inzwischen Vorrangflächen für Wind in ihren Flächennutzungsplänen (FNP) ausgewiesen haben und einige neue Windparks errichtet wurden, tut sich im einzigen größeren Planungsverband des Landes bislang nichts: Kein einziges Windrad dreht sich hier oder wurde auch nur beantragt. Während in vielen kleineren Gemeinden außerhalb des Regionalverbands inzwischen Windkraftanlagen einen Beitrag zum Klimaschutzziel leisten, ist der der Fachdienstleiter des Regionalverbandes Saarbrücken Sven Urhan stolz auf die Gründlichkeit und die praktizierte Planung über Gemeindegrenzen hinweg. Schließlich verhindere man dadurch Wildwüchse wie in anderen Teilen des Landes, so die Schlussfolgerung des Fachdienstleiters.
Doch seitdem sich im Regionalverband zwei Bürgerinitiativen gegen Windräder gegründet haben, die lautstark Vor-und Fehlurteile zur Windenergie propagieren, unterstellen böse Zungen Sven Urhan beziehungsweise seinem Chef, dem Regionalverbandsdirektor Peter Gillo, den Versuch der Verhinderung oder gar Verschleppung neuer Anlagen bis zum Sankt-Nimmerleinstag.
Die Änderung des Flächennutzungsplans und seine Folgen
So wurde vor einem Jahr ein Beschluss zur Änderung des Flächennutzungsplan gefasst, der 650 Meter als Mindestabstand der Konzentrationszonen von der Wohnbebauung vorsah, allerdings mit dem Vorbehalt einer juristischen Prüfung, ob nicht auch 800 Meter rechtlich möglich seien. Auf dieser Grundlage wiederum konnte kein Investor eine verlässliche Planung erstellen, zumal das juristische Gutachten schließlich aussagte, dass auch bei 800 Meter Abstand noch nicht unbedingt von einer (unrechten) Verhinderungsplanung auszugehen sei.
Dabei verhindert ein 800-Meter-Abstand die Hälfte der bei einer Distanz von 650 Metern möglichen Windkraftanlagen im Regionalverband und halbiert den im Klimaschutzkonzept des Regionalverbands vorgesehenen Klimaschutzbeitrag der Windenergienutzung auf knapp über ein Prozent CO2-Einsparung. Darüber hinaus werden auch die möglichen Einnahmen der allesamt klammen Städte und Gemeinden im Regionalverband um mehr als die Hälfte verringert.
Im September wird der Kooperationsrat des Regionalverbandes Saarbrücken endgültig über die veränderte Abstandregelung im FNP entscheiden, wobei sich im Vorfeld acht Gemeinden mit 16 Stimmen für 800 Meter, Saarbrücken und Püttlingen mit zusammen 12 Stimmen für 650 Meter ausgesprochen haben.
Das Ende des Klimaschutzes im Regionalverband?
Wenn es dann endlich eine verlässliche Basis für Planer gibt, drohen durch die zeitliche Verzögerung alle Planungen zu scheitern. Denn die Bundesregierung wird zukünftig auf ein Ausschreibungsmodell setzen, bei dem Windparks im Saarland mit Windparks in Küstenländern konkurrieren müssen und deshalb vermutlich keine Realisierungschance mehr haben.
Für das Thema Energiewende und Klimaschutz im Regionalverband wäre das dann der GAU, der von den Verantwortlichen im Regionalverband aber wohl als geringeres Übel als der Verlust einiger Wählerstimmen in Bürgerinitiativen-Kreisen angesehen wird. Zu hoffen bleibt, dass es den Planern von Windkraftanlagen gelingen wird, trotzdem noch Anlagen durch schnelle Arbeit bauen zu können. Vielleicht schaffen sie es auch, dem Regionalverband eine juristische Klatsche zu verpassen, indem sie ein Gerichtsurteil herbeiführen, dass die Planung als das beurteilt was sie ist, nämlich eine Verhinderungsplanung.