von Winfried Anslinger
Energiewende bedeutet für alle Versorger, Erzeuger und Netzbetreiber einen enormen Stress, der sich meist in den Jahresbilanzen niederschlägt. Ungehobene Gewinnpotentiale sind da hochwillkommen. Vor allem, wenn sie im Windschatten des verordneten Wettbewerbs erzielt werden können. Ein großes Thema ist in diesem Kontext der von manchen großen EVUs angebotene Ökostrom.
Ein Musterbeispiel bietet der im Dunstkreis der Thüga heftig beworbene „Alpenstrom.“ Das Prospekt dazu: eine alpine Naturlandschaft, Wasserkraft, kein Zeh – oh – zwei, kein Atom, alles wunderbar, für einen kleinen Aufpreis auch für dich und mich. Die Fakten dagegen: Der Strom stammt aus längst abgeschriebenen Laufwasserkraftwerken im Alpenraum. Produktionskosten deutlich unterhalb vom Börsenstrompreis. Er wird aber verkauft gegen Aufpreis. Warum eigentlich? Ein Ablass fürs schlechte Gewissen? Die erhöhte Handelsspanne wird jedenfalls nicht verwendet, um beispielsweise neue Windparks zu bauen, sondern fließt in die Bilanzen der am Handel Beteiligten.
Ja, ist das nicht egal? Es ist doch wenigstens sauberer Strom! Der Teufel versteckt sich im verschwiegenen Kontext: Der Alpenstrom wurde ja auch bisher erzeugt. Er floss in den Graustrommix ein. Jetzt wird er herausgenommen und extra vermarktet. Die Folge: Alle anderen Stromkunden, die ihn bisher erhielten, bekommen jetzt mehr Kohle und Atomstrom. Dann stimmt die Bilanz wieder. Alpenstrom ist also nichts anderes als ein umgerubelter Schummelstrom. Ein kleines Schurkenstück aus der Giftküche gewisser PR-Abteilungen. Nirgendwo wird so erfolgreich gelogen wie in der Energiewirtschaft. Das hat eine lange Tradition aus Zeiten der Atomwirtschaft. Man muss nach wie vor auf der Hut sein.
Halt! Ich habe vergessen: VW und die Familie Piëch, die sind auch noch der Erwähnung wert…