von Winfried Anslinger
Wir haben ein neues Haus gebaut. Nach Abschluss der Berufstätigkeit mussten wir aus der Dienstwohnung ausziehen, also war zu entscheiden: Gebrauchtimmobilie oder Neubau? Die Entscheidung fiel für den Neubau, weil Einfamilienhäuser, wenn man sie energiegerecht sanieren will und ehrgeizige Ziele verfolgt, teurer werden.
Ich möchte jetzt, nach Abschluss der Maßnahme, Interessierten unsere Erfahrungen weitergeben.
Zunächst unsere Zielvorstellung: Wir wollten nach Möglichkeit ein Nullenergiehaus bauen, unter Verwendung natürlicher Materialien, so weit es geht, nicht zu teuer und mit nicht allzu viel Zeitaufwand für uns als Bauherren.
Worauf war zu achten?
- Jahresenergiebilanz möglichst positiv
- Holzbauweise
- Innenausstattung: Naturfarben, Holzparkett und Linoleum Beläge
- Regenwassernutzung
- geringer Flächenverbrauch, also mehrstöckig
- Kostenkontrolle
Die Bauweise
Wir wählten einen Fertighausbauer, der uns ein Gebäude in Holzständerbauweise zum Festpreis erstellte. Hier muss man unbedingt hart verhandeln, Gegenangebote einholen und genau prüfen, welche Kosten im Festpreis enthalten sind und welche nicht. Bei den meisten Fertigbauern sind zum Beispiel nicht enthalten: Grundstücksräumung, Erdarbeiten, Vermessung, Gebühren, Elektro, Wasser und Kanalanschluss und so weiter. Bei uns beliefen sich diese „Nebenkosten“ auf gut zehn Prozent der Auftragssumme.
Die Energietechnik
Am wichtigsten ist die Dämmung. Wir haben beispielsweise Werte von durchschnittlich 0,14 in der Außenhülle. Fußbodenheizung in allen Räumen hilft, die Vorlauftemperatur sehr niedrig zu halten und schafft sehr angenehmes Raumklima. Die Wärme wird über eine elektrische Luft/Wasser-Wärmepumpe bereitgestellt (Viessmann Vitocal 222 S). Sie hat eine hohe Jahresleistungszahl (COP Wert noch 3,8 bei 2 Grad Lufttemperatur) und ist als Splitgerät ausgeführt. Die Kompression des Betriebsgases erfolgt im Haus, wo auch die Wärme für Fußböden und Warmwasser gewonnen wird. Die Entspannung des Gases und dessen Anwärmung durch die Außenluft geschieht außen. Das Außenteil steht auf der Südwestseite zum Garten, wo über das Jahr eine um ein bis zwei Grad höhere Durchschnittstemperatur herrscht als an der beschatteten Nordseite, wo auch noch der Nachbar sein Außenteil stehen hat. Es ist geplant, einen künftigen, selbstverständlich unbeheizten Wintergarten zusätzlich zur Vorwärmung der Luft zu verwenden, was im Frühjahr und Herbst Optimierungspotential bietet.
Die Wärmepumpe wird durch eine kontrollierte Lüftungsanlage ergänzt, die die verbrauchte Luft vor allem aus Küche und Bädern absaugt und die frische Zuluft an der Fortluftin einem Wärmetauscher erwärmt. Man kann so theoretisch bis zu 95 Prozent der Wärmeenergie zurückgewinnen. Dazu müssen allerdings während der Heizsaison Fenster und Türen geschlossen bleiben. Das Raumklima ist trotzdem viel angenehmer als bei Fensterlüftung, die meist unregelmäßig erfolgt. Außerdem lässt sich die Zuluft durch Filter von Feinstaub und Pollen freihalten.
Statt einen Keller auszuheben, haben wir das Dachgeschoss mit einem hohen Kniestock versehen. Dadurch genießen wir eine schöne Aussicht, statt auf Kellerfenster zu starren. Leider verhindern viele kleinlich gestrickte Bebauungspläne diese Möglichkeit. Wir brauchten eine Befreiung von den Restriktionen des B-Plans. An Wohnfläche belegen wir 220 m2, das Dach hat (rechnerisch) 100 m2, wobei in der Spitze ein zusätzliches „Enkelparadies“ eingerichtet werden soll. Man muss natürlich nicht so groß bauen, unsere Fläche ergibt sich aus der Familiengröße. Das Dachgeschoss hat bis jetzt keine Heizung. Es ist geplant, dort elektrische Strahlungsheizungen zu installieren und eine kleine Lüftung. Beides ist nötig, um Feuchtigkeit zu vermeiden, unsere Außenhülle ist Luft und – was noch wichtiger ist – wasserdampfdicht. Wer darauf nicht achtet, riskiert Tauwasserausfall in der Dämmung. Das wiederum hat am betroffenen Bauteil Schimmel und Verminderung der Dämmeigenschaft zur Folge.
Innen haben wir in Eigenleistung Fertigparkett (geöltes Naturparkett) verlegt und die Wände mit Natur-Kalkfarbe gestrichen. Letztere war ein Reinfall, sie enthielt jede Menge Körnung, die sich auf den gestrichenen Flächen wiederfand und mühsam abgeschliffen werden musste, eine Sauarbeit.
Die Energieversorgung und -bilanz
Wir haben keinen Gasanschluss. Stattdessen eine 10 KW Photovoltaik–Anlage. Wir hoffen bei Südostlage auf einen Jahresertrag von >= 8000 kWh. Da wir allein auf Strom setzen, lässt sich leicht eine Klimabilanz erstellen. Seit 1. Januar 2017 haben wir laut Doppelzähler 610 kWh Strom bezogen und 206 kWh eingespeist. Selbst erzeugt und verbraucht haben wir 792 kWh. Insgesamt haben wir in der diesjährigen Heizsaison bisher 1402 kWh Strom benötigt. Es macht keinen Sinn, die Werte jetzt auf einen künftigen Jahresverbrauch hochzurechnen, da dieser von zu vielen Faktoren abhängt. Mir scheint aber, wir werden mehr Strom erzeugen, als wir verbrauchen. Insofern können wir mit einer positiven Klimabilanz rechnen.
Wir haben zusätzlich eine Lithium-Eisenphosphat-Batterie, die uns einen gewissen Grad an Autarkie ermöglicht. Diese ist mit zirka tausend anderen in eine bundesweite Cloud eingebunden. Bezogen wird hauptsächlich Windstrom aus nächtlich schlecht ausgelasteten Windparks und die Eigenleistung der PV-Anlagen. Ich musste dafür den Tarif der Stadtwerke kündigen, was sich als Drama erwies. Trotzdem sollte man das nicht scheuen, wenn die Stadtwerke es nicht hinbekommen, Ökostromtarife anzubieten.
Weiterhin haben wir im Boden die Schotterschicht geringer gehalten und dafür eine Schicht von zwanzig Zentimetern Glasschaumschotter eingebracht. Das ist sinnvoll, wenn man Fußbodenheizung hat, weil die Dämmung dort am dicksten sein sollte, wo die Temperaturdifferenz am größten ist.
In unserer Energiebilanz ist eine Größe nicht berücksichtigt: Die Grauenergie. Das ist der Betrag, den Produktion und Bau des Gebäudes gekostet hat. Der ist immer bedeutend und wird meist vergessen. Wir haben versucht, durch Holzbauweise die Klimalast gering zu halten. Trotzdem benötigten wir zwanzig Zentimeter Stahlbeton für die Bodenplatte, zwei Stahlstützen, große Mengen Steinwolle und geringere Mengen Styropor, hauptsächlich für die Fußbodenheizung. Dazu jede Menge Kunststofffolien für die Dichtbahnen, Kleber, Plastikteile, Betonziegeln, Beschläge, Fliesen, Porzellan und so weiter.. Da kommt einiges zusammen. Sobald die Beschränkung der privaten PV- Anlagen auf 10 KW fällt, wollen wir auf den Wintergarten einen zweiten Kollektor bringen. Ziel ist, die Grauenergielast langsam abzutragen.
Die Kosten
Wir haben streng Buch geführt, was die Kosten betrifft. Das bedeutet: Man muss nicht nur ständig mit unerwarteten Mehrkosten rechnen, man muss ebenso aktiv gegensteuern, indem man versucht, nachträglich Kosten zu senken. Vergisst man letzteres, schießen die Beträge ins Kraut und man wundert sich. Umgerechnet auf Quadratmeter kamen wir auf 1273 Euro. Darin sind enthalten enthalten PV und Batterie. Nicht enthalten sind: Grundstück und grundstücksbezogene Nebenkosten. Das ist eigentlich nicht wesentlich mehr als bei einem konventionellen Bau.