von Kajo Breuer
Das Kapitel im Koalitionsvertrag von CDU und SPD zur Energiepolitik ist kurz, unverbindlich und unglaubwürdig. Ganz offensichtlich lautet das Credo der Großen Koalition: „Weiter so“. Unter den obwaltenden aktuellen Umständen bedeutet dies letztlich nichts anderes, als die Vereinbarungen des Pariser Klimagipfels zu unterlaufen. Weder Absicht noch Konzept sind erkennbar, um dem Klimawandel gerecht zu werden.
Zu einer entscheidenden Frage, zum Ausstieg aus der Kohleverstromung, finden sich keinerlei Aussagen in der Vereinbarung. Dies ist absolut enttäuschend nicht nur in Hinblick auf die Energiepolitik des Saarlandes selbst, sondern auch in Bezug auf den Widerstand gegen das Atomkraftwerk Cattenom. Wer sich davor drückt, die klimapolitisch unumgängliche Abkehr von der Kohle zu verfolgen, dem fehlt es an Glaubwürdigkeit, die Stilllegung von Cattenom glaubwürdig zu vertreten. Der weniger als halbherzige Koalitionsvertrag 2017 entzieht einer Politik den Boden, Druck auf die französische Regierung auszuüben. Dies gilt sowohl für Cattenom als auch für Bure, wo die französische Regierung ein Atommüllendlager plant.
Nicht erkennbar ist, wie die Große Koalition bei der Windkraft eine installierte Leistung von 800 MW realisieren will. Eine solche Größenordnung ist notwendig, um bis 2020 den angestrebten Ökostromanteil von 20 Prozent am regionalen Strommarkt zu erreichen. Bereits in den vergangenen Jahren hat die Landesregierung ihre selbstgesteckten Ziele deutlich verfehlt. Sich keine Ziele zu setzen ist eine schlechte Konsequenz aus dem Scheitern in der Vergangenheit.
Vor einer Aussage über ihre zukünftige Haltung zum Ausschreibungsverfahren für neue Windparks drücken sich die alten und neuen Koalitionspartner. Die derzeitige, erst kürzlich getroffene Regelung der Ausschreibung läuft den Zielen der Energiewende im Saarland, die Binnenentwicklung zu ermöglichen und gar zu fördern, ganz offensichtlich zuwider. Die voraussichtlichen Auswirkungen dieses Systems stehen in direktem Widerspruch zu den Aussagen im Koalitionsvertrag über die Energiegenossenschaften, die man angeblich unterstützen möchte. Diese Behauptung ist unglaubwürdig und heuchlerisch, weil mit dem praktizierten Ausschreibungssystem den Genossenschaften faktisch die finanzielle Grundlage entzogen wird.
Zur Frage der Speicherung lässt der Koalitionsvertrag jegliche Aussage vermissen, obwohl das Thema noch in der laufenden Legislaturperiode wichtig werden wird. Das Vorhaben, ein Pumpspeicherkraftwerk im Schacht der ehemaligen Grube Nordschacht zu installieren, ist, wie es scheint, ersatzlos aufgegeben worden. Da bei wachsenden Einspeisemengen erneuerbarer Energien die Fluktuation in den Netzen zunimmt, wird in etwa zehn Jahren die Flexibilisierung der vorhandenen Strukturen nicht mehr ausreichen. Bei einer Bauzeit von bis zu sieben Jahren für Großspeicher wären in der gegenwärtigen Legislaturperiode wichtige Investitionsentscheidungen in die eine oder andere Richtung zu treffen.
Alles in allem lässt die Große Koalition nicht erkennen, dass sie gewillt ist, den Anforderungen des Klimawandels gerecht zu werden.
Lesen Sie auch den Kommentar unseres Vorstandsmitglieds Jürgen Kurz